Am Nachmittag des 06.07.2010 wurde gegen 16.00 Uhr das Schloss des Vereinslokals Kaleidoskop in der Schönbrunnerstraße 91, 1050 Wien, von der Polizei aufgebrochen und die Tür eingetreten. Zahlreiche – teilweise private – Gegenstände wie Computer, Festplatten, Workshopmaterialien, sowie der Tresor inklusive der darin befindlichen Handkassen und Dokumente wurden mitgenommen, sowie weiterer Sachschaden angerichtet. Der Verein wurde von dem Einbruch der Exekutive nicht informiert. Um ca. 18.00 Uhr fand eine Nutzerin des Freiraums die Räumlichkeiten von der Feuerwehr verschlossen vor. Erst im Laufe des Abends konnte der Schaden begutachtet werden.

Offizielle Begründung für die Hausdurchsuchung ist laut Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) der Verdacht, dass das Vereinslokal Vorbereitungs-, Lager-, sowie Ausgangsort einer gegen das Arbeitsmarktservice und deren ausbeuterische Politik gerichteten, symbolischen Aktion gewesen wäre. Offensichtlicher Grund scheint jedoch ausschließlich die örtliche Nähe des Vereinslokals.

Warum das Kaleidoskop? Was sind eigentlich Freiräume?
Selbstverwaltete Lokale und Projekte, die sich als Freiräume verstehen, versuchen Raum zu schaffen für eine reflektierte und selbstbestimmte Alltagsgestaltung. Nicht kommerzielle „do it yourself“- Kultur wird dringend gebraucht in einer konsumorientierten Gesellschaft. Sei es nun, um an Fahrrädern oder Kleidung zu basteln, gemeinsam zu kochen oder im gemütlichen Rahmen zu diskutieren. Von politischen Infoabenden, Workshops oder freier Preis-Politik bis hin zu Partys und gemeinsamem Wohnen stellen sich die Versuche eines hierarchiefreien, solidarischen Miteinanders so vielschichtig dar wie es Projekte und Personen gibt, die diese erhalten. Manche bezeichnen sich aufgrund ihrer Zielsetzungen als „linksradikal“, andere als „autonom“, „alternativ“, „gegenkulturell“ und/oder „anarchistisch“, andere wieder als „emanzipatorische Vereine“. Gemeinsam bleibt die Ablehnung von Unterdrückung, wie bsw Sexismen, Rassismen, Homophobie, Antisemitismus, Transphobie und die kapitalistische Verwertungslogik, sowie daraus resultierend der Versuch, Rollenbilder und Strukturen aufzubrechen. Freiräume bieten Möglichkeiten, sich politisch, sozial und kulturell zu engagieren – abseits von Parteien und Institutionen. Weil sich Freiräume so mancher abstrakten Reglementierung des Staates in Bezug auf Verhalten, Veranstaltungen und politischer Meinung nicht unterwerfen, reagiert dieser strukturell mit Überwachung und Kriminalisierung. So geraten selbstverwaltete Räume – wie generell Menschen und Strukturen, die den standardisierten Kategorien nicht entsprechen – leicht ins Visier der Kontrollbehörden. Unser Begehren nach einer Gesellschaft frei von Unterdrückung ist offenbar so „gefährlich“, dass fadenscheinige Gründe herangezogen werden, um gewaltsam in Freiräume einzudringen und diese mit der Entwendung benötigter Materialien zu sabotieren. Das Bedürfnis der Mehrheitsgesellschaft nach Normierung, Gleichschaltung und Gehorsam, ist so groß, dass ihr Freiräume ein Dorn im Auge sind. Tagtäglich werden Menschen die von dieser Mehrheit abweichen mit Schikane, Kontrolle und Unterdrückung konfrontiert.

Repression – ein Schlag gegen alle!
Gezielte Unterdrückungsmechanismen wie bsw Gesetze zur Verhaltensmodifikation, soziale Normierung, Überwachung und freiheitsbeschränkende Maßnahmen gegen spezifische Gruppen – das ist Repression. Alles, was nicht den vorherrschenden Strukturen entspricht, wird schlicht als „extremistisch“ dargestellt. Jede Kritik an der Gesellschaft, jede alternative Lebensweise und jede Öffentlichmachung von Missständen gerät damit unter Verdacht. Die Ziele und Motivationen, die dahinterstehen werden dabei nicht bedacht. Als Mittel zur Repression dienen vor allem Organisationsparagraphen (§§278ff ua.), die im Prinzip lediglich eine Ermittlungslegitimierung darstellen. Die Anwendbarkeit dieser Paragraphen ist flexibel, nahezu alle können kriminalisiert werden und Meinungsfreiheit wird im Namen des Rechtsstaates massiv eingeschränkt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Verein, der nächste Freiraum, das nächste Projekt vor aufgebrochenen Türen steht oder die nächsten Personen in Haft sitzen . Bald wird es keine Rolle mehr spielen, ob sich diese als „linksradikal“, „emanzipatorisch“, „alternativ“, „sozial-“ oder „kulturbezogen“ definieren.

Wir sind solidarisch. Mit dem Kaleidoskop und allen anderen von Repression betroffenen Räumen und Personen! Wir setzen aktive Zeichen gegen Unterdrückung und informieren über unsere Ideen und Projekte und laden zum mitmachen ein. Wir machen aufmerksam auf die strukturelle Gewalt und Entmachtungsversuche, mit der wir regelmäßig konfrontiert werden.

Gegen eine Zusammenarbeit mit Repressionsbehörden. Aussageverweigerung gegenüber der Polizei!
Wir fordern die Freilassung der inhaftierten vier Personen und die Einstellung des 278a- Verfahren welches seit März 2010 gegen dreizehn Tierrechts- und TierschutzaktivistInnen geführt wird!

Für eine Gesellschaft ohne Käfige und Knäste!
Für freie, selbstgestaltete Räume!

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